Usability-Engineering für E-Learning
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Definition
Quellen und weiterführende Ressourcen

Definition

Wir definieren Usability-Engineering als ein chronologisch strukturiertes Set von Verfahren zur Verbesserung der Gebrauchstauglichkeit (bzw. Usability) von Produkten, und zwar während ihres Entstehungsprozesses. ISO-Norm 9241 definiert Gebrauchstauglichkeit so:

"Das Ausmaß, in dem ein Produkt durch bestimmte Benutzer in einem bestimmten Nutzungskontext genutzt werden kann, um bestimmte Ziele effektiv, effizient und zufrieden stellend zu erreichen."
(ISO 9241-11, Abs. 3.1 Gebrauchstauglichkeit)

Übertragen auf den Kontext "E-Learning" bedeutet das:
Studierende erreichen die Lernziele vollständig (Effektivität) bei günstiger Aufwand-Nutzen-Relation (Effizienz). Dabei haben und behalten sie eine positive Einstellung gegenüber dem Lernmodul (Zufriedenheit).

Usability-Engineering ist zyklisch und bezieht zukünftige Anwender ein.

Das konventionelle Modell der Software-Entwicklung ist als "Wasserfall-Modell" bekannt. Der Entwicklungsprozess verläuft linear, ein Test findet erst am Ende statt.

Wasserfallmodell der Software-Entwicklung

Verändert nach: Andreas Spillner: Prozess-Modelle für die Softwareentwicklung
http://www.fbe.hs-bremen.de/spillner/Wittheit/Wittheit.pdf. - S. 3
(Stand 12.12.2001, aufgerufen 07.05.2005)

Dieses Modell der Software-Entwicklung, das zunächst nach einer plausiblen Vorgehensweise aussieht, hat entscheidende Schwächen:

Diese Sichtweise kann teuer werden und lässt schlimmstenfalls Software-Ruinen zurück. Dagegen verläuft Usability-Engineering in einem zyklischen Prozess des Prototyping. Die Prototypen werden unter Partizipation zukünftiger Anwender evaluiert und verbessert:

Zyklischer Prozess des Prototyping

Die Stärken dieses Modells sind evident:

Usability-Engineering muss nicht viel Geld und Zeit kosten. Tatsächlich kann Usability-Engineering mit großem technischem Aufwand betrieben werden. Zur Arbeitsumgebung von Usability-Spezialisten gehört ein Labor mit mehreren Testarbeitsplätzen, aufwändigen Mitschnittmöglichkeiten, Beobachtungsplätzen hinter einem Einwegspiegel, Videoarchiv und dergleichen.

Unser Ratgeber wird Ihnen dagegen Low-cost-Methoden des Usability-Engineering vorstellen. Jakob Nielsen (Nielsen 1997), der international bekannte Usability-Spezialist, spricht auch von "Discount-Usability". Discount-Usability ist in jeder Institution möglich, die über einen Raum mit PCs, Tischen und Stühlen verfügt.

Das iterative Prototyping erscheint zeitaufwändig. Der Prozess von der ersten Anforderungsanalyse bis zur Implementierung der Software dauert länger. Die tatsächliche Zeitersparnis wird dann deutlich, wenn man die Phase nach der Implementierung bis zur gebrauchstauglichen und von den Anwendern akzeptierten Software einbezieht. Worst Case: Die fertige Software wird von den Anwendern abgelehnt. Der vermeintlich geringere Zeitaufwand führte zu nichts außer einer ärgerlichen Erfahrung und Verschwendung öffentlicher Gelder. Die Chance ist dagegen groß, dass das Produkt gleich nach seiner Veröffentlichung überzeugt, wenn die Anwender an dem Entwicklungsprozess partizipieren konnten. Bei gleicher Entwicklungszeit entsteht letztendlich das Produkt mit der größeren Akzeptanz.

Anzahl der Usability-Probleme

Anzahl der Usability-Probleme mit bzw. ohne Usability-Engineering

Nach: James Kalbach: Von Usability überzeugen.
In: Heinsen, Sven; Vogt, Petra: Usability praktisch umsetzen. München u.a.: Hanser, 2003. - S. 8

Quellen und weiterführende Ressourcen

Bias et al. (1994):
Bias, Randolph G.; Mayhew, Deborah (Hrsg.:) Cost-justifying usability. San Diego u.a.: Morgan Kaufmann, 1994

ISO 9241-11 (1998):
Ergonomische Anforderungen für Bürotätigkeiten mit Bildschirmarbeitsplätzen: Anforderungen an die Gebrauchstauglichkeit. 1998

Nielsen (1997):
Nielsen, Jakob: Discount Usability for the Web. 1997. -
http://www.useit.com/papers/web_discount_usability.html [aufgerufen: 17.05.2005]
Extrakt: "Just do it. The true choice is not between discount and deluxe usability engineering. If that were the choice, I would agree that the deluxe approach would bring better results. The true choice, however, is between doing something and doing nothing. Perfection is not an option. My choice is to do something!"

Nielsen (1994):
Nielsen, Jakob: Guerrilla HCI: Using Discount Usability Engineering to Penetrate the Intimidation Barrier. 1994. -
http://www.useit.com/papers/guerrilla_hci.html [aufgerufen: 17.05.2005]
Extrakt: "One important reason usability engineering is not used in practice is the cost of using the techniques. Or rather, the reason is the perceived cost of using these techniques, as this chapter will show that many usability techniques can be used quite cheaply."

Nielsen (2003):
Nielsen, Jakob: Usability for $ 200. Alertbox, June 3, 2003. -
http://www.useit.com/alertbox/20030602.html [aufgerufen: 17.05.2005]
Extrakt: "How can a small company's website benefit from usability activities despite a minuscule budget? By integrating four simple and effective usability practices into the design process."

Kalbach (2003):
Kalbach, James: Von Usability überzeugen. In: Heinsen, Sven; Vogt, Petra (Hrsg.): Usability praktisch umsetzen. München u.a.: Hanser, 2003. - S. 8-21.
Extrakt: "Die meisten Usability-Professionals müssen immer wieder auch Usability-Evangelisten sein und das eigene Unternehmen und Kunden vom Nutzen von Usability überzeugen. Dieses Kapitel unterstützt sie mit einer Reihe von Argumentationshilfen. Es zeigt auch typische Missverständnisse auf und erläutert, wie typischen Einwänden gegen Usability begegnet werden kann."

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