Arbeitsschritte einer Recherche
|
Arbeitsschritte einer Recherche
- Ermittlung des Informationsbedarfs - Was
will Ihr Kunde?
- Umsetzung der Anfrage des Nutzers in eine erste, d. h. vorläufige Recherchestrategie
- Tipps zur Entwicklung einer Recherchestrategie
- Den
Rechercheweg protokollieren
Führen Sie vor Beginn einer Auftragsrecherche ein
Gespräch mit dem Auftraggeber (Presearch-Interview).
Am Ende des Geprächs sollten Sie 2 Dinge wissen:
- Sie haben eine Vorstellung, wie das Rechercheergebnis aussehen soll: Umfang, Tiefe, Aufbereitung, Klärung der Inhalte (Vorwissen des Kunden, welche Quellen kennt der Kunde bereits, Verwendungszweck für den Kunden, usw.)
- Der Kunde/Nutzer hat eine Vorstellung, was er von Ihnen erwarten kann: Dauer der Recherche, Kosten, Quellenspektrum, usw.
Klären Sie vor Annahme des Auftrags folgende Fragen:
Haben Sie den Inhalt des Auftrags verstanden?
Sie sind in der Regel keine SpezialistIn auf jedem Gebiet, in dem Sie eine Auftragsrecherche annehmen. Fragen Sie nach, bis Sie sich sicher sind. Ziehen Sie Nachschlagewerke, Handbücher und/oder Websites von zuverlässiger Qualität zu Rate, um Ihr Hintergrundwissen zu ergänzen.
Zu was für einer Zielgruppe gehört Ihr Kunde?
- Forscherinnen, Wissenschaftlerinnen benötigen auch sehr spezielle Literatur, streben größtmögliche Vollständigkeit an, benötigen auch internationale Literatur. (Typische Quellen sind: Aufsätze, Kongressberichte, Forschungsberichte, Patente, Dissertationen,wissenschaftliche Fachportale im Internet, Forschungseinrichtungen, Spezialbibliotheken, Experten ...)
- Spezialisten aus beruflichen Kontexten benötigen Hinweise auf Experten bzw. Ansprechpartner, wenige hochrelevante Dokumente, Adressen, direkte Antworten auf ihre Fragen ...
- eine Studentin, die eine Hausarbeit schreiben muss, benötigt Handbücher, gängige Fachliteratur, Fachportale im WWW ...
- eine Schülerin, die in 2 Tagen ein Referat halten muss, benötigt Nachschlagewerke wie z.B. Munzinger Archive, Enzyklopädien, Handbücher, Zeitungsartikel, populärwiss. Zeitschriftenartikel, didaktisch gut gemachte Websites ...
- ein Laie, der Umgang mit schriftlicher Information gewohnt ist, benötigt gängige Sachbücher, Nachschlagewerke wie Munzinger Archive, Enzyklopädien, Handbücher, Zeitungsartikel, populärwiss. Zeitschriftenartikel, repräsentative populärwissenschaftliche Web-Sites...
In diese Kategorie gehören auch Journalisten, die sich in ein Thema eingearbeitet haben und Überblickskenntnisse auf dem Fachgebiet haben. Für Journalisten ist die - auch juristisch haltbare - Faktenverifikation ganz besonders wichtig. Hier helfen Faktendatenbanken, Quellen, die zitierfähgig sind. Das können natürlich auch Gespräche mit Experten sein (wenn die Quelle nachher angegeben werden darf). Für Journalisten ist häufig auch 'die Schreibe' einer Quelle wichtig, da sie sich gerne daran orientiert. 'Ein Schelm, der Böses dabei denkt' ;-).
- Laie, der für den Laien aufbereitetes Material braucht, benötigt Broschüren, Ratgeber, Sachbücher, Ansprechpartner, Beratungsstellen ...
Versuchen Sie die Anfrage einzugrenzen. Gute Eingrenzungsaspekte sind:
- fachwissenschaftlich/populärwissenschaftlich/journalistisch
- sprachlich (Kundin liest nur deutsch?)
- zeitlich (Kundin will nur aktuelle Literatur?)
- geographisch (nur auf die EU-Länder bezogen)
- zeitlicher Rahmen für die Informationsbeschaffung (Kunde will die Information sofort: muss am Ort vorhanden sein; ; ... in wenigen Tagen -
Document Ordering über Internet, Kauf über Internetbuchhandel; ... in ein paar Wochen - auch Fernleihe aus dem Ausland lohnt.)
Beispiele für ein Rechercheauftragsformular finden Sie bei:
Fiz-Technik http://www.fiz-technik.de
Stadtbibliothek Köln Recherche-Auftrag
Jetzt haben Sie eingegrenzt, was Ihr Kunde will. Jetzt müssen Sie die Frage in eine 'Sprache' umsetzen, die Ihre Quellen 'verstehen': Fachgebiet eingrenzen - geeignete Suchbegriffe aus den Quellen herausfiltern - Oberbegriffe für die Suche in
Browsinghierarchien bestimmen. Ein gutes Hilfsmittel bei der Planung einer Recherchestrategie kann das Anlegen einer Recherchetabelle basierend auf den journalistischen W-Fragen (Wer? Wo? Was? Wie? Wann? Wieviel?) sein.
- Kundin nach Fachtermini, Kontakten, einschlägiger Literatur fragen
- Schneeballprinzip anwenden: Bekannte hochrelevante Literatur führt Sie zu geeigneten Suchbegriffen in Datenbanken (wie sind bereits bekannte Dokumente indexiert?).
- Nachschlagewerke wie Fachlexika, Thesauri und ggfl. verlässliche Websites verwenden, um
gebräuchliches Fachvokabluar zu ermitteln.
- Beginnen Sie notfalls mit einer Stichwortrecherche, um an den ersten relevanten Treffern das gültige Indexierungsvokabular zu erkennen.
- Übersetzen Sie Ihre deutschsprachigen Suchtermini ins Englische (unter zu
Hilfenahme von: mehrsprachigen Fachwörterbüchern, Fachdatenbanken oder
Thesauri).
Einen wirksamen Anfang finden ...
Ein Patentrezept gibt es nicht. Jeder Auftrag erfordert seine eigene Strategie.
Beginnen Sie Ihre Recherche mit den Ressourcen, von denen Sie sich am meisten
versprechen (bzw. mit denen Sie gut zurecht kommen); ergänzen Sie Ihre Recherche mit den Ressourcen, die zusätzlich
zweckmäßig sind.
Helfen kann auch die Anwendung einer (oder eine Kombination) der 4 klassischen Recherchestrategie: Building blocks, successive fractions, pearl growing und interactive scanning.
Folgende Fragen können dabei nützlich sein:
- Wie komme ich auf direktem Wege zu einer Antwort auf meine Fragestellung?
- Welche Personen oder Institutionen könnten an derselben Fragestellung Interesse haben?
- Wer arbeitet in einschlägigen Institutionen, schreibt zu dem Thema, wird viel zitiert, beteiligt sich an einschlägigen Mailinglisten, betreibt
entsprechende Websites ...?
- Sind Adressen und Statistiken nützlich?
... und sinnvoll ergänzen
Häufig ist erst in einem zweiten Schritt eine Literaturrecherche nützlich; schließlich muss Literatur erst gelesen werden und gibt deshalb nicht so direkte Auskünfte wie eine Kontaktperson.
Denken Sie bei Ihrer Literaturrecherche je nach Thema und Verwendungszweck
an
- Monographien und Aufsätze in Fachzeitschriften
- Artikel aus Tages- und Wochenzeitungen
- Artikel aus Fachzeitschriften
- Dissertationen (sie enthalten immer eine Spezialbibliographie zu ihrem
Thema)
- Kongress- und Forschungsberichte
- Amtliche Druckschriften und Patente
- Social bookmarking Dienste, Mailinglisten und Blogs können ein guter Startpunkt sein
... und richtig Bibliographieren (wissenschaftlicher Kontext)
Eine Bibliografie ist ein eigenständiges Verzeichnis von Literaturnachweisen zu einem ausgewählten Thema. Eine Bibliografie liefert eine vollständige Übersicht der
Literatur zu einem Gegenstand unter festgelegten Auswahlkriterium. Als Bibliografieren bezeichnet man das systematische Recherchieren und Zusammentragen von Literaturnachweisen
zu einem bestimmten Themenkreis. FabiO liefert Ihnen für viele Wissenschaftsfächer einen Anlaufpunkt zu einschlägigen Bibliographien.
... und professionell arbeiten (kommerzieller Kontext)
Bei umfangreichen Auftragsrecherchen empfiehlt es sich auf der Grundlage des Rechercheauftrags ein verbindliches schriftliches Angebot zu erstellen.
Vorlage zur Angebotserstellung
Unter den -zig Tausenden von Datenbanken, Adressverzeichnissen,
Bibliographien, Internetportalen etc. werden einige sein, die Sie für die
Bearbeitung Ihres Auftrags gut gebrauchen können. Unmöglich, dass Sie sie
kennen. Es ist sehr hilfreich, wenn Sie Ihren Onlinerechercheplatz mit einigen Startpunkten ausstatten. Die von Ihnen im 1. Semester erstellte Liste mit Recherchehilfsmitteln könnte ein solcher Startpunkt sein.
TIPP: Erstellen Sie sich für Ihr Rechercheprojekt eine projektbezogene Liste. Ihre Liste enthält ausgewählte lexikographische Werke, Hand- und Lehrbücher, Liste von Portalen / virtuellen Fachbibliotheken, wichtige fachwissenschaftliche Datenbanken und Bibliographien, führenden Fachzeitschriften zu Ihrem Thema (Current Contents)
Führen Sie Protokoll darüber, welche Informationsquellen Sie verwendet haben: Legen Sie sich ein Protokollformular an. Notieren Sie, unter welchen Suchbegriffen Sie nachgeschaut haben und in welchen Quellen Sie nichts gefunden haben. Kein Treffer ist auch ein Ergebnis! Richten Sie vor Beginn der Recherche einen Ordner auf Ihrem Rechner ein, in den Sie gegebenenfalls Dokumente speichern. Überlegen Sie sich, wie Sie die Dokumente benennen, damit Sie sie später schnell wiederfinden können.
Auftragsforumular und Rechercheleitfaden als Worddokument
Dokumentieren Sie, wenn Sie Ihre Strategie (Auswahl der Quellen, Suchworte) geändert haben.
Literaturtipp:
Eleonore Poetzsch: Information Retrieval: Einführung in Grundlagen und Methoden. 5., völlig neu bearb. Aufl.- Berlin : Poetzsch, 2006
Rainer Werle Software: Handbuch Internetrecherche. URL:http://www.werle.com/intagent/index.htm
HAW Hamburg
Department Information
Berliner Tor 5, 20099 Hamburg |
|
Ulrike Spree
Stand: 26. April 2010 |